
NGG warnt vor Tarifflucht | Appell an Betriebe in der Stadt. Unternehmen in Solingen sollen sich an Tarifverträge halten
Schlechtere Bezahlung, längere Arbeitszeiten, weniger Urlaub: Beschäftigte, die in Solingen in einem Unternehmen arbeiten, in dem kein Tarifvertrag gilt, sind im Job klar benachteiligt. Darauf
hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten hingewiesen. Nach Einschätzung der NGG hält sich mittlerweile ein Großteil der rund 4.000 Betriebe in der Stadt nicht mehr an Tarifverträge. Das
hat auch Folgen für die Unternehmen selbst, warnt Gewerkschafterin Zayde Torun: „Tariflose Firmen haben in puncto Motivation und Produktivität der Mitarbeiter meist schlechtere Karten. Auch die
Suche nach Fachkräften fällt ihnen schwerer“, so die Geschäftsführerin der NGG Düsseldorf-Wuppertal mit Blick auf aktuelle Studien der Hans-Böckler-Stiftung.
Torun ruft die Firmen in der Region dazu auf, sich zur Sozialpartnerschaft und zur Mitbestimmung zu bekennen. „Gerade beim digitalen Wandel der Arbeitsplätze muss man die Belegschaften mitnehmen.
Gewerkschaften und Betriebsräte sichern nicht nur Jobs. Sie helfen auch dabei, die Zukunft zu gestalten – von neue Arbeitszeitmodellen bis hin zur Weiterbildung der Mitarbeiter.“
Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) arbeiteten zuletzt 62 Prozent der Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen in einem Betrieb mit Tarifvertrag. In ganz
Westdeutschland liegt die Quote bei 57 Prozent – im Jahr 2000 waren es noch 70 Prozent. Nach Beobachtung von Gewerkschafterin Torun greift die „Tarifflucht“ auch in Solingen um sich: „Immer mehr
Betriebe versuchen, sich um Tarifverträge zu drücken. Damit setzen sie bewährte Standards aufs Spiel und bieten ein Einfallstor für Dumping-Konkurrenz.“ Besonders niedrig ist die Tarifbindung
nach Angaben des IAB dabei in kleinen Firmen: Nur 26 Prozent der nordrhein-westfälischen Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern halten sich aktuell an einen Tarifvertrag. In Unternehmen mit
mehr als 200 Beschäftigten liegt die Quote hingegen bei 77 Prozent.
Um diesen Trend zu stoppen, macht sich die NGG insbesondere für Flächentarifverträge stark. Solche habe man etwa in Brauereien, in der Getränkeabfüllung und in der Nährmittel- und
Süßwarenindustrie durchgesetzt. Zugleich sei die Politik gefordert. Landes- und Bundesregierung sollten sich für eine höhere Tarifbindung einsetzen: „Wer sich um die Zukunft der sozialen
Marktwirtschaft sorgt, muss sich darum kümmern, dass die Tarifpartner gestärkt werden“, sagt Torun. Unternehmen, die im Arbeitgeberverband seien, müssten dazu verpflichtet werden, sich an
Tarifabschlüsse zu halten.
Außerdem müsse es einfacher werden, Tarifverträge für ganze Branchen verpflichtend zu machen. Davon profitiere am Ende auch der Staat – durch höhere Einnahmen etwa bei der Renten-, Kranken- und
Sozialversicherung.
PM der NGG
Foto NGG
Kommentar schreiben