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26. März 2020

Abiturprüfungen in Zeiten von Corona



Wie in unserem gestern veröffentlichten Positionspapier (abrufbar unter: lsvnrw.de/corona) dargelegt, stellt die aktuelle Situation rund um das Coronavirus fast alle Bereiche des Lebens vor Herausforderungen und wirft dadurch Schlaglichter auf alle jene Teile unserer Gesellschaft, die sich bereits vor der Corona-Pandemie in der Krise befanden.

Dies gilt auch für die für Ende April bzw. Anfang Mai geplanten Abitur- und zentralen Abschlussprüfungen. Nach der Schließung aller Schulen in NRW war in den letzten Tagen nicht klar, ob bzw. in welcher Form die Prüfungen in diesem Jahr stattfinden würden. Nach einigem hin und her stellte die Kultusminister*innenkonferenz (KMK) am Mittwoch klar, dass alle Prüfungen wie geplant oder zu einem Nachholtermin stattfinden sollen. Dieser Plan bringt für Schüler*innen jedoch eine ganze Reihe an Problemen mit sich:

    Der Unterrichtsausfall durch Schulschließungen in den letzten drei Wochen vor den Osterferien hat dazu geführt, dass teilweise nicht einmal alle obligatorischen Unterrichtsinhalte behandelt werden konnten, er führte aber vermutlich an fast allen Schulen dazu, dass eine zielgerichtete Wiederholung der gesamten Inhalte der Qualifikationsphase gemeinsam im dem Kurs und der Lehrkraft nicht stattfinden konnte. Dadurch werden die Ungerechtigkeiten aufgrund sozialer Ungleichheit, die das mehrgliedrige Schulsystem in Deutschland ohnehin mit sich bringt, noch verstärkt: Manche Schüler*innen haben Eltern, die ihnen entweder unmittelbar als Unterstützung zur Seite stehen oder Nachhilfe finanzieren können, andere nicht. Die Unfairness, die ein Zentralabitur ohnehin mit sich bringt – trotz ungleicher Ausgangsbedingungen werden innerhalb einer Schule, aber auch zwischen Schulen in unterschiedlich “starken” Sozialräumen die gleichen Maßstäbe angelegt – wird folglich noch größer werden. Die Willkürlichkeit der Notengebung, die notwendigerweise mit dem Zentralabitur verbunden ist, wird so noch vergrößert.
    Es wird Zeit, sich endlich von einem Benotungssystem zu verabschieden, dessen mangelnde Aussagekraft und Vergleichbarkeit seit Jahrzehnten wissenschaftlich untersucht und belegt ist.¹ Es sollten endlich alternative Möglichkeiten der Bewertung der Leistungen von Schüler*innen etabliert werden, die den Fokus nicht auf das Abfragen standardisierter “Kompetenzen” legen, sondern auf die individuelle Entwicklung jedes einzelnen Kindes. Das wäre übrigens auch eine Grundvoraussetzung für ein inklusives Schulsystem, das diesen Namen verdient und den Zielen der UN-Behindertenrechtskonvention gerecht werden würde.
    Das Ausweichen auf “virtuelle Klassenräume” und “E-Learning” offenbart die Probleme, die mit dieser angeblich revolutionär-neuen Unterrichtsweise verbunden sind. Es wird deutlich, dass “digitales Lernen” eben kein adäquater Ersatz für das ist, was im vermeintlich veralteten “klassischen” Unterricht in der Schule stattfindet, sondern im besten Fall eine sinnvolle Ergänzung hierzu darstellen kann.
    Es kann eben nicht vorausgesetzt werden, dass jede*r Schüler*in zu Hause einen ruhigen Arbeitsplatz mit Computer, schnellem Internetzugang und Drucker zur Verfügung hat, sowie Eltern, die ihre Kinder inhaltlich unterstützen können.
    Zudem hat sich gezeigt, dass die bisher eingesetzten Plattformen wie Moodle sowie die informationstechnologische Infrastruktur des Bildungssystems kollabieren, wenn tatsächlich mal mehrere Klassen oder gar Jahrgangsstufen gleichzeitig versuchen, in die “virtuellen Klassenzimmer” zu gelangen. Die alltägliche Erfahrung aus dem “digitalen Unterricht” (“Der Beamer / das WLan / der Zugriff auf das Video funktioniert nicht.”) wird quasi potenziert. Es zeigt sich, dass die jahrzehntelange Sparpolitik im Bereich des Bildungswesens im Fall einer Krise mindestens zu einer noch deutlicheren Überforderung und Überlastung führt, wenn nicht zum Kollaps.
    Wenn schon vor Jahren damit begonnen worden wäre, die Infrastruktur in Schulen auszubauen, Lehrkräfte fortzubilden (und in ausreichender Zahl auszubilden…), sinnvolle Konzepte und Plattformen für “digitales Lernen” zu entwickeln, kurz: Wenn für Bildung so viele personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt worden wären, wie das in Sonntagsreden über “Bildung als unsere Zukunft” formuliert wurde, dann hätte das Bildungssystem viele der problematischen Folgen einer solchen Krise möglicherweise abfedern, zumindest aber verringern können.
    Alles in allem wird durch die Entscheidung, die Abiturprüfungen trotz der Belastungen für Schüler*innen durch die Corona-Krise wie geplant durchzuführen (“business as usual”), die Last jahrelanger Unterfinanzierung und Unterausstattung des Schulsystems auf dem Rücken der Abiturient*innen abgeladen.

Deswegen fordert die LSV im Bezug auf das Abitur und die zentralen Abschlussprüfungen:

    Alle Schüler*innen müssen die freie Auswahl zwischen dem sogenannten “Durchschnittsabitur” (berechnet aus den Leistungen der Qualifikationsphase) und dem Ablegen der Prüfungen (sobald diese aus Sicht des Infektionsschutzes wieder möglich ist) haben. Beide Entscheidungen müssen dabei gleichwertig behandelt werden.
    Die Abiturprüfungen dürfen nicht auf die gleiche Art und Weise wie bisher zentral gestellt werden. Stattdessen sollen die Lehrkräfte die drei Aufgaben aus den insgesamt sechs zentral gestellten Klausuren (je 3 für den regulären Prüfungstermin und den Nachschreibtermin) auswählen, die ihrer Ansicht nach am besten zur Vorbereitung im Unterricht in der Qualifikationsphase passen. Diese Vorgehensweis ermöglicht es ihnen, Rücksicht darauf nehmen, dass bestimmte Themengebiete nicht mehr oder nur unzureichend (z.B. im “home office”) bearbeitet werden konnten. Darüber hinaus sollen die Lehrkräfte auch bei der Bewertung in erhöhtem Maße die jeweiligen unterrichtlichen Voraussetzungen beachten.
    Für eventuell anfallende Nachschreibklausuren entwerfen die Lehrkräfte eigene Klausuren, entsprechend der bisherigen Vorgehensweise bei Schüler*innen, die sowohl am regulären als auch am Nachschreibtermin krankheitsbedingt oder unverschuldet die Prüfung nicht ablegen konnten.
    Alle Prüfungstermine müssen, wenn sie verschoben werden, den Schüler*innen mindestens vier Wochen vor den eigentlichen Terminen ankündigt werden. Dabei sollte kein*e Schüler*in mehr als zwei Prüfungen pro Woche ablegen müssen.
    Unabhängig von Überlegungen des Infektionsschutzes muss allen Schüler*innen bis Ende des Schuljahres ein Abschlusszeugnis vorliegen, im Zweifel auch ohne Abitur-Prüfung im klassischen Sinne. Schüler*innen, die nicht mit dem “Durchschnitts-Abitur” zufrieden sind, sollten zunächst ein solches Zeugnis erhalten, aber die Möglichkeit haben, Einspruch dagegen einzulegen und – sobald dies wieder möglich ist – die Prüfungen nachzuholen und dann die Abschlussnote auf Grundlage der Vornoten sowie dieser Prüfung erhalten.
    Sollten die Prüfungen – wie bisher vorgesehen – in naher Zukunft durchgeführt werden, sollte den Schüler*innen zuvor mindestens zwei Wochen Unterricht angeboten werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die vor den Ferien verlorengegangene Zeit angemessen nachgearbeitet werden kann. Den Schüler*innen sollte freigestellt sein, ob sie an diesem Unterricht teilnehmen (was empfehlenswert erscheint) oder ob sie selbständig lernen wollen.
    Schüler*innen, die praktische Leistungen bei der Ablegung des Abiturs zeigen müssen, dürfen nicht benachteiligt werden. Beispielsweise darf im Fach Sport nicht einseitig auf Einzelsportarten (z.B. Leichtathletik) fokussiert werden, wenn Schüler*innen z.B. in Teamsportarten zu besseren Ergebnissen gelangen könnten. Gleichfalls darf die Prüfung nicht ausschließlich auf theoretische Leistungen reduziert werden.
    Die Landesregierung NRW und die Bundesregierung müssen sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass unabhängig von der für die Abiturprüfung gefundenen Lösung eine gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse in den verschiedenen (europäischen) Ländern erfolgt.

Bezogen auf die zentralen Prüfungen fordert die LSV NRW, dass analog zu den Forderungen zu den Abiprüfungen in jeglicher Hinsicht pädagogisch und zu Gunsten der Prüflinge mit den durch die Corona-Krise verursachten Problemen umgegangen wird.

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GdP: Wir brauchen keine immer neuen Debatten über Clankriminalität


GdP: Wir brauchen keine immer neuen Debatten über Clankriminalität

Mit großem Unverständnis reagiert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Nordrhein-Westfalen auf immer wieder neue politische Diskussionen über Clankriminalität. Das aktuelle Lagebild des Landeskriminalamtes macht aus GdP-Sicht sehr deutlich: „Die Bekämpfung von Clankriminalität bleibt eine der ganz großen Herausforderungen für die Polizei“, erklärte GdP-Landesvorsitzender Michael Mertens. Fürs Sicherheitsgefühl der Bürger sei es von immenser Bedeutung, dass ein starker Rechtsstaat hier Flagge zeige.

Der starke Anstieg der Straftaten mit Clanbezug von +20,3% macht aus Mertens‘ Sicht deutlich, dass noch ein langer Atem nötig ist. „Er zeigt aber auch, dass wir mit unserer Null-Toleranz-Strategie richtig liegen und immer mehr Straftaten aus einem bis dato riesigen Dunkelfeld aufdecken“, so der GdP-Vorsitzende. Dass gerade Rohheitsdelikte wie Körperverletzungen stark angestiegen sind, zeigt das hohe Gewaltpotenzial.
Grundsätzlich gilt: Die Clans sind quer durchs Strafgesetzbuch aktiv, Michael Mertens nennt sie „kriminelle Allrounder“. Die Abschöpfung von zu Unrecht erworbenem Vermögen trifft Clans an ihrer empfindlichsten Stelle – beim Geld. Brutale Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Banden können jederzeit hochkochen. Erst an vergangenen Wochenende verhinderte massive Polizeipräsenz eine Massenschlägerei in Essen.  
Für die GdP ist klar: Die Bekämpfung von Clankriminalität wird auch künftig weiter große personelle Ressourcen binden, über die stark geforderte Kripo hinaus. Wer es hier ernst meint, muss die Polizei in ihrer Breite weiter stärken. „Wichtig ist es aber auch, die Dinge weiterhin klar beim Namen zu nennen“, mahnt Mertens.
Die Polizei benötige politische Rückendeckung und keine immer neuen Debatten in der schwarz-grünen Regierungskoalition, so der GdP-Chef. Man habe es mit hochkriminellen Banden zu tun, die sich auf ihre familiären Strukturen stützen und den Rechtsstaat nicht anerkennen. Ein Lagebild Clankriminalität müsse deshalb auch künftig so heißen. „Dabei ist völlig klar: Nicht jedes Familienmitglied ist kriminell“, betont Michael Mertens.

NRW weiter Zuwachs



Düsseldorf (IT.NRW). Ende 2022 lebten in Nordrhein-Westfalen
18 139 116 Menschen. Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen
als Statistisches Landesamt mitteilt, war die Einwohnerzahl damit um
214 525 Personen (+1,2 Prozent) höher als ein Jahr zuvor. Obwohl im
vergangenen Jahr 69 682 Menschen mehr starben, als Kinder geboren
wurden, stieg die Einwohnerzahl. Dafür sorgte ein positiver
Wanderungssaldo mit 283 366 mehr Zuzügen als Fortzügen. Das
Statistische Landesamt weist darauf hin, dass bei der Ermittlung der
Bevölkerungsentwicklung auch Korrekturen mit einfließen (2022:
+841); diese sind hauptsächlich auf sog. „Rücknahmen von Zu- bzw.
Fortzügen” zurückzuführen, die von den Kommunen erst nach
Abschluss der Wanderungsstatistik gemeldet werden.



(195 / 23) Düsseldorf, den 20. Juni 2023

Redaktion

 

Peter Nied

Cassandra Fuchs

Hasan Talsik (Fotos)

Mona Kubat

 

 

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42657 Solingen

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NRW Unfälle mit E-Scootern

NRW: E-Scooter Unfälle gestiegen

Düsseldorf (IT.NRW) Im Jahr 2022 sind bei Straßenverkehrsunfällen
in Nordrhein-Westfalen 2 141 Personen verunglückt, die mit einem
E-Scooter unterwegs waren. Wie Information und Technik
Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt mitteilt, waren das
47,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor (2021: 1 449 Personen). 1 792
Fahrerinnen und Fahrer oder Mitfahrerinnen und Mitfahrer
(83,7 Prozent der Verunglückten) erlitten leichte Verletzungen. 346
Personen (16,2 Prozent) verletzten sich schwer und drei
(0,1 Prozent) wurden getötet.


(202 / 23) Düsseldorf, den 23. Juni 2023

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