
Solingen/red-Gemeinsame Erklärung zur Coronakrise des Bündnisses Pro Klinikum Solingen und Solingen gehört uns!
Unser Klinikum ist ein sogenannter Vollversorger. Seine Beschäftigten leisten hier einen hochwertigen Beitragzur Gesundheitsversorgung der Solinger Bevölkerung. Insbesondere die
Krankenpfleger*innen arbeiten imDrei-Schichten-Betrieb bei hoher emotionaler Belastung zu vergleichsweise niedrigen Löhnen. Im Städtischen Klinikum wurde ihre Anzahl in den letzten Jahren um mehr
als 10 % verringert, d.h. sie arbeiten zusätzlichunter erhöhtem Stress.Jetzt - in der Coronakrise - zeigt sich, welche Jobs wirklich wichtig sind, und dass schlechte Arbeitsbedin-gungen und zu
niedrige Bezahlung des Krankenhauspersonals uns alle einholen. Es zeigt sich aber auch, welche Fehler unsere Stadt- und Klinikspitze seit einigen Jahren begeht. Statt dem Klinikum finanziell den
Rücken freizuhalten, verordneten sie, dass es alljährlich 500.000 Euro zur Haushaltssanierung der Stadt beitragen musste. So flossen in den letzten Jahren 3,5 Mill. Euro an die Stadt, die
eigentlich dringend für Investi-tionen gebraucht wurden. Ständig hatten wir uns anzuhören, dass unser Krankenhaus kosteneffizienter und die Bettenzahl überprüftwerden müsse. Bundesweit ergab die
Bestandsaufnahme im Jahr 2017 eine Zahl von 500.000 Krankenhausbetten. Im Vergleich zu 1991 ist das ein Viertel weniger. Auch in unserem Klinikum wurden 716 Betten auf658 zusammengestrichen. Noch
vor wenigen Wochen wurde von dem teuren Unternehmensberatergeschäfts-führer der Klinik behauptet, dass wir immer noch zu viele Betten hätten, dass die Belegschaft deutlich kleinerwerden müsse
oder dass interne Bereiche zu teuer seien und besser privaten Unternehmen überlassen werdensollten.Davon hören wir jetzt nichts mehr. Im Gegenteil: Für Betten, die uns jetzt fehlen, wird
überstürzt notdürftiger Ersatz gesucht. Die im Klinikum stillgelegte Infektionsabteilung – weil sie sich nicht rechnete – wird hastig wieder eröffnet. Händeringend werden alle noch verfügbaren
Pflegekräfte und Ärzte gesucht und Notbet-ten organisiert, nachdem ganz viel Geld (wie viel eigentlich?) ins Klinikum fließen soll. Den Geldfluss begrü-ßen wir sehr und hoffen, dass diese
Einsicht nicht nur kurz, sondern nachhaltig bleibt und auch nach der Kriseihr Handeln leiten wird.In der Krise zeigt sich: Marktinstrumente sind fehl am Platz, wenn es um
grundlegende Bedürfnisse derMenschen geht. Die Finanzierung der Behandlungen in Krankenhäusern durch sogenannte Fallpauschalen istvöllig widersinnig. Das wäre so, wie wenn die Feuerwehr nach der
Anzahl ihrer Einsätze bezahlt würde. ImKrankenhaus funktioniert das aber genau so. Jedes Bett, das nicht belegt ist, stellt für die Klinik eine „Überka-pazität“ dar, die abgebaut werden muss. Für
Epidemien, Massenunfälle, Naturkatastrophen oder andere plötz-liche Notsituationen werden bei einem auf Wirtschaftlichkeit getrimmten Haus keine Kapazitäten vorgehalten.Kurzum: Wettbewerb und das
vorhandene Finanzierungssystem haben dazu beigetragen, dass unseres wie alleKrankenhäuser durch Einsparungen beim Personal und der Vorratshaltung jetzt ungenügend auf die Pandemievorbereitet ist,
so dass als einziger Ausweg nur der Shutdown gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebensübrigbleibt – mit all seinen negativen Folgen!Betriebswirtschaftliche Vorgaben und Wettbewerb unter den
Krankenhäusern sind trotz Notfallplanung in derCoronakrise nicht außer Kraft. Das Freihalten von Betten und das Aussetzen planbarer Operationen dürfte imMoment unserem Krankenhaus erhebliche
Verluste bescheren.Wir appellieren daher an alle politisch Verantwortlichen in Solingen: Haltet das Klinikum vollständig im Eigentum der Solinger Bürger!Nehmt die geplanten Privatisierungen
zurück!Setzt Euch für die Abschaffung der Fallpauschalen zur Finanzierung der laufenden Krankenhauskos-ten ein! Fordert Investionsförderungen vom Land, die dem medizinischen Bedarf entsprechen
und nicht anBettenabbau geknüpft sind (wie im „Entfesselungspaket I NRW“) !Organisiert Massentests wie in Südkorea oder Singapur, um die Ausbreitung des Virus besser einzu-dämmen!Krankenhäuser
sind Orte der Heilung und keine profitablen Fabriken!Unser Klinikum muss so gesteuert, organisiert und finanziert werden, dass die Versorgung derMenschen im Mittelpunkt steht!
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Schröder (Freitag, 03 April 2020 13:11)
Das sollte ins Tageblatt übernommen werden damit die Solinger mal begreifen was geleistet wird und wovon es abhängig ist
D.Meyer (Freitag, 03 April 2020 15:23)
Dem kann ich nur beiflichten.
Wenn es ihnen dann selber an den Krangen geht,dann könnt ihr sehen wie schnell das Geld da ist.
Sorry,aber da platzt mir der Kragen.
Anja Krüger (Freitag, 03 April 2020 15:30)
Zeig mir eine Einrichtung für die Geld nicht dat Wichtigste ist
Felix (Freitag, 03 April 2020 16:31)
Wenn ich wüsste was man im Krankenhaus verdient könnte ich mir vielleicht ein Urteil erlauben, so ist mir das alles zu pauschal.
Gianfranco (Freitag, 03 April 2020 17:19)
Die Gesundheit ist wie das Salz: Man bemerkt nur, wenn es fehlt
Anne (Freitag, 03 April 2020 18:40)
Hallo Felix,
was ist dir hier zu pauschal.??
Les es dir doch bittttte noch einmal durch! Dann wirst du es auch besser verstehen, worum es hier geht!
G.V. (Freitag, 03 April 2020 20:23)
Toller auf den Punkt gebrachter Artikel... hoffe für uns alle, dass hier jetzt endlich mal ein Umdenken stattfindet!!!Die Zustände besonders die Hygiene, der Umgang mit den Patienten, das stundenlange warten in der Aufnahme war nach meiner Erfahrung eine absolute Katastrophe!!! Schwestern immer in Unterbesetzung u Ärzte kaum oder garnicht erreichbar da im Dauereinsatz �
Marko (Freitag, 03 April 2020 20:58)
Das Problem ist grundsätzlich. Wenn hochbezahlte Geschäftsführer und Unternehmensberater sowie Politik meint mit Krankenhäusern und Krankheit Gewinne erzielen zu können, so sind diese fehl am Platz. Das Gesundheitswesen dient der Grundlage einer Gesellschaft, um unter Anderem den , wie es so schön heißt, Produktionsfaktor Mensch zu erhalten. Wer glaubt damit Gewinne zu erzielen der denkt auch mit Hartz 4 Gewinn zu erzielen. Es funktioniert nicht. Wer nicht den Mut hat diese Tatsache anzuerkennen und dies so zum Ausdruck bringt ist sein Geld nicht wert
Karla Broch (Samstag, 04 April 2020 06:34)
Krankenhäuser, Feuerwehr und Polizei gehören der Allgemeinheit und haben nichts!!! in privaten Händen zu suchen. Aber das sage ich schon seit Jahren, nur keiner hört es.
Katja Steffens (Samstag, 04 April 2020 10:46)
Hoch bezahlte Berufsfremde Geschäftsführer sind in Deutschland in vielen Unternehmen das größte Übel!!!!
Hier geht es um Menschen, die anderen Menschen das Leben retten sollen!!!!
Was können wir als Bürger stemmen?
jeswecan (Samstag, 04 April 2020 11:14)
rationalisierung, outsurcing und wie der ganze mumpitz heisst. dient nur eine kleinen gruppe von gierhälsen, denen der mensch nur als ware dient. benutzen/ausnutzen...bis die knochen/geißt kaputt sind, um dann als nicht mehr rentabel endlassen zu werden. und da 90% sich hier als der 51 bundesstaat verstehen. wird sich auch an der höher-weiter-besser und jes we can menatlität nichts ändern.
ist die kriese vorbei, werden 90% mit ihren versprechen/aussagen etc recht schnell zurückrudern ans gelobte bankkonto ufer
Maneke-von Seelen (Sonntag, 05 April 2020 07:46)
Es wird höchste Zeit das dieser Artikel in allen relevanten Zeitungen abgedruckt wird .
Bernd Holz (Sonntag, 05 April 2020 13:01)
Unswr Gesundheitssystem wird leider seit vielen Jahren in Folge politischen Willens mehr und mehr wirtschaftsorientiert gesehen und daher durch wiederkehrende falsche Entscheidungen an die Wand gefahren. Ein ausschließlich wettbewerbsorientiertes soziales System wird immer größtenteils an den eigentlich relevanten Bedürfnissen vorbeigehen. Jetzt rächt dich diese Fehlsteuerung. Haftung der Verursacher? Fehlanzeige.