
Solingen/red-Hintergrund:In der „Verordnung über die Durchschnittsbeträge und den Eigenanteil nach § 96 Abs. 5 Schulgesetz (VO zu § 96 Abs. 5 SchulG)“ bestimmt das Land NRW, wie hoch die
durchschnittlichen Aufwendungen je Schülerin und Schüler für die Beschaffung der Lernmittel sein dürfen. Ein Drittel des festgesetzten Betrages muss von den Eltern aufgebracht werden, den Rest
muss die Kommune beisteuern.
In diesen Tagen stehen die Schulen wieder vor der unlösbaren Aufgabe, genügend Bücher für einen qualifizierten, modernen Unterricht zu beschaffen. Unlösbar ist die Aufgabe deshalb, weil die vom
Land vorgegebenen Etatansätze für die Bestellung von Lernmitteln vorne und hinten nicht reichen.
Ein Beispiel aus der Grundschule, Klasse 1: Der Beitrag darf maximal 36 € betragen. Ein Buchstabenordner (Verbrauchsmaterial) kostet 12,50 €, ein Erstlesebuch (Fibel) dazu 14,50 €, das
Mathematikbuch kostet rd. 19 €, ein Arbeitsheft (Verbrauchsmaterial) dazu rd. 9 €. Hinzu kommt das Englischbuch für Klasse 1 und 2 (Verbrauchsmaterial) mit rd. 13 €, sodass wir bei insgesamt 68 €
sind, davon 34,50 € Verbrauchsmaterial. Damit die 1,50 € reichen, die übrig sind, müssten das Erstlesebuch und das Mathematikbuch mindestens 21 Jahre überstehen, bevor neue gekauft werden können.
Wer sich Schulbücher beim Kauf genau ansieht, freut sich, wenn sie bei guter Pflege vier Jahre halten.
Der Schulbuchetat ist seit 15 Jahren nicht mehr erhöht worden! Die Bücherpreise aber sind in den letzten 15 Jahren ständig gestiegen. Zusätzlich sind die pädagogischen Anforderungen (Inklusion,
individuelle Förderung, Zuwanderung und Beschulung von Flüchtlingskindern...) gestiegen, eine Rechtschreibreform (2007) kam, in den Grundschulen wurde das neue Fach Englisch eingeführt, doch die
Geldmittel für Schulbücher blieben gleich. Allein die Einführung eines neuen Lehrwerkes stellt die Schulen oft vor unlösbare Probleme, weil dann die „alten“ Bücher nicht mehr verwendet werden
können. Auch der Auftrag, alle Schüler*innen individuell zu fördern und der Ausbau der Inklusion setzen ein hohes Maß an differenzierten Lernmitteln voraus. Daran ist mit dem vorhandenen
Schulbuchetat überhaupt nicht zu denken.
Folge ist, dass die „Bettelei“ bei den Eltern losgeht. Kopiergeld, Kosten für Lektüren, Arbeitshefte, Wörterbücher etc. werden auf Eltern zusätzlich abgewälzt. Neben der rechtlichen Grauzone, auf
die sich Schulen zwangsläufig einlassen müssen, entstehen so weitere soziale Benachteiligungen. „Denn Schulen im sozialen Brennpunkt oder mit entsprechender Schülerzusammensetzung können die
Eltern nicht noch zusätzlich finanziell belasten!“ betont Dirk Bortmann von der GEW Solingen.
Die GEW tritt für eine flächendeckende Lehr- und Lernmittelfreiheit ein und damit für soziale Gerechtigkeit bei der Verteilung von Bildungschancen.
Die Bildungsgewerkschaft fordert die Solinger Landtagsabgeordneten auf, sich für die dringend notwendige Erhöhung des „Schulbuchetats“ einzusetzen.
PM GEW
Foto Henning Nied
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