
Bei der Oberhausener Hilfsorganisation warten pandemiebedingt die jungen Patienten aus den Kriegs- und Krisengebieten der Welt auf freie Betten.
Gerade in Coronazeiten geht es den Kriegskindern der Hilfsorganisation Friedensdorf International besonders schlecht. Nur wenige Krankenhäuser können im Moment die verletzten Kinder zur
Behandlung aufnehmen. Schlimmer noch: Geheilte Kinder kommen so gut wie gar nicht in ihre Heimatländer zurück, Kriegskinder, die noch Anfang Februar aus Afghanistan zur Behandlung nach
Deutschland eingeflogen wurden, warten seither im Heim an der Rua Hiroshima in Oberhausen auf die oft lebenswichtige Behandlung. Ursprünglich half ein Stamm von etwa 120 deutschen Krankenhäusern,
aktuell allerdings ist die Zahl wesentlich geringer. „Wir registrieren immer noch, dass die Kliniken nach dem Lockdown verhaltener die Kinder aufnehmen und das bundesweit“, zeigt sich Sprecherin
Claudia Peppmüller besorgt. Im Moment seien 147 kranke, aber auch genesene Kinder im Dorf.
Im Friedensdorf hat man durch die Pandemie zusätzliche Probleme. Die Spenden, mit denen sich die Friedensengel aus dem Ruhrgebiet ausnahmslos finanzieren, gehen stark zurück.
Doch jetzt gibt es erste gute Nachrichten. Seit Dienstag ist ein Friedensdorf-Kind in der Solinger St. Lukas Klinik. Der Zustand des kleinen Omid verschlechterte sich im Mai zusehends. Der
Sechsjährige leidet an einer Knochenentzündung (hämatogene Osteomyelitis) am linken Unterschenkel. Ein Krankenhaus im Ruhrgebiet nahm ihn auf, dort erfolgte eine erste Operation. Doch seit
Juli macht Omids Bein wieder Probleme. Zusammen mit der Krankenhaus-Abteilung von Friedensdorf International entschied man sich in der Solinger Klinik zur Aufnahme des sechsjährigen
Afghanen. Dort wurde Omid am Dienstag eingehend untersucht, bevor die Chirurgen unter Chefarzt Dr. Markus Meibert den Jungen vermutlich mehrmals operieren müssen. Omid ist das dritte Kriegskind
seit vergangenem Sommer, das in der Ohligser Klinik behandelt wird. Meibert, auch Ärztlicher Direktor im Unternehmen, sagt: „Wir haben ein christliches Weltbild, es ist unsere Haltung als
katholisches Haus, die uns gar nicht anders reagieren lässt.“
Die St. Lukas Klinik und die Partnerkliniken der Kplus Gruppe in Haan, Hilden und Opladen nehmen regelmäßig Friedensdorf-Kinder auf. Operiert werden die jungen Patienten kostenlos.
Vom Friedensdorf geschulte Helfer kümmern sich zusammen mit dem Pflegepersonal bis zu ihrer Entlassung um die Kinder.
Nach einer Genesungsphase gehen die Kriegs- und Krisenkinder ausnahmslos zurück in ihre Heimatländer und zu ihren Eltern. In den nächsten Wochen wird eine Sondermaschine nach Afghanistan abheben
– hoffentlich, denn zu unsicher ist die Weltlage. Mit dabei ist dann auch Amir, ein Kind, das erst vor wenigen Wochen in Ohligs geheilt wurde. Das, so Dr. Markus Meibert, sei schon eine
anspruchsvolle Operation gewesen. Dem kleinen Kerl, dem der Knochenfraß das gesamte Schienbein genommen hatte, wurde stattdessen ein Teil seines eigenen Wadenbeins eingesetzt. Amir lernt mit
Hilfe einer Physiotherapeutin jetzt wieder das laufen.
Sayed, einem zweiten Kind, das im August mit einer Friedensdorf-Maschine in Düsseldorf landete und von Solinger DRK-Helfern zuerst wie Amir in die Lukas-Klinik gebracht wurde, konnte nur im
Partnerkrankenhaus St.Remigius in Opladen geholfen werden. Dort ersetzte ein Team um den orthopädischen Chirurgen Priv. Dozent Dr. Ralf Decking die nach einem Unfall zertrümmerte Hüfte des
12-Jährigen. Längst kann Sayed wieder an Krücken laufen. Doch die Helfer wissen, dass noch weitere Operationen folgen werden.
Für Omid begann am Dienstag der Weg in ein besseres Leben. Von Oberhausen brachte ihn der Solinger Friedensdorf-Helfer Manuel Lisboa in die Klinik an die Schwanenstraße. Dort wurde der
Sechsjährige von Ärzten und dem Solinger Friedensdorf-Botschafter Uli Preuss in Empfang genommen. Omid wurde sofort unter Beachtung der Coronaregeln eingehend untersucht. Sein Befund
ist wie bei den meisten afghanischen Kindern der einer Knochenentzündung. Meist durch einen leichten Sturz hervorgerufen, hat der junge Körper durch Mangelernährung und Armut, dieser schweren
Form der Knochenentzündung nichts entgegenzusetzen. Eine Behandlung im Heimatland am Hindukusch könnten sich die bitterarmen Eltern niemals leisten.
Foto: Friedensdorf
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