
„Leid von Verschickungskindern endlich anerkennen“
Die SPD-Fraktion im Landtag will Verschickungskindern bei Aufarbeitung ihrer Geschichte helfen – auch Betroffene aus Solingen können sich an Selbsthilfegruppe wenden
Sie wurden millionenfach weggeschickt. Von heute auf morgen, im Kindesalter. Meist mehrere Wochen weg von zuhause. Zur Erholung oder Kur hieß es stets. Aber das, was die „Verschickungskinder“
während ihres Aufenthaltes in Heimen ereilte, waren nicht selten Angst und Schrecken. Essenszwang, Prügel, Drangsal waren an der Tagesordnung. Bis heute ist ungeklärt, wer für die sogenannte
Verschickung verantwortlich war. Fest steht nur, dass das System seit den 1950er bis in die 1990er Jahre existierte. Viele Betroffene leiden bis heute darunter, zum Teil unter schweren
Depressionen und Angstzuständen. Erst langsam beginnen sie zu verstehen, was mit ihnen passiert ist. Und sie haben begonnen, sich zu finden und sich zu artikulieren.
Inzwischen hat sich eine NRW-weite Selbsthilfegruppe gegründet, die auf ihr Thema verstärkt aufmerksam macht. Auch Betroffene aus Solingen können sich an diese Selbsthilfegruppe wenden und in den
gemeinsamen Austausch kommen.
Die SPD-Fraktion setzt sich für die Belange der Verschickungskinder ein und hat dazu für die nächste Sitzung des NRW-Landtag in der kommenden Woche (7./8. Oktober) einen Antrag gestellt. Darin
fordert sie die Landesregierung dazu auf, sich ihrer Verantwortung zu stellen und die Aufklärung und Aufarbeitung des Themas voranzutreiben. „Es geht darum, das Leid der Betroffenen deutlich zu
machen und endlich anzuerkennen“, so der Solinger SPD-Landtagsabgeordnete Josef Neumann.
Zu diesem Zweck solle die Landesregierung neben therapeutischen Angeboten für die Betroffenen auch den Aufbau einer Geschäftsstelle vorantreiben. „Wir wollen den Verschickungskindern dabei
helfen, Zugang zu Archiven zu bekommen und eine eigene Organisationsstruktur aufzubauen“, sagt Neumann „Dazu muss das Land die nötigen Mittel bereitstellen. Das hat auch was mit
Verantwortungsbereitschaft zu tun.“
Wichtig ist den SPD-Parlamentariern, dass ihre Initiative möglichst breite Unterstützung findet und im Konsens über die Zielsetzung diskutiert wird. Neumann: „Das Schicksal der Betroffenen eignet
sich nicht zu parteipolitischer Auseinandersetzung. Wir sind es ihnen schuldig, dass wir hier gemeinsam an einem Strang ziehen.“
Der Antrag der SPD-Fraktion wird kommende Woche im Plenum des Landtags beraten. Betroffene können sich an verschickungskind@t-online.de wenden.
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