
Klinikum baut Brücken für Patienten
Kontakt-Einschränkungen und Ethik in Zeiten von Corona:
Klinikum Solingen setzt Videotelefonie als Brücke zu stationären Patienten ein
Solingen/red-Initiiert vom Klinischen Ethikkomitee (KEK) und unterstützt vom Förderverein wurden im Städtischen Klinikum Solingen neue Geräte für Videotelefonie angeschafft. Die
Tablets werden auf den Intensivstationen eingesetzt, um Patienten den Kontakt zu ihren Angehörigen zu ermöglichen. „Die derzeit geltenden strengen
Besuchsregelungen treffen die Patientinnen und Patienten in diesen sensiblen Bereichen besonders hart. Auch Angehörige leiden darunter, nicht ins Klinikum kommen zu dürfen. Umso
wichtiger ist es, die Verbindung zur Familie oder Freunden nach draußen aufrecht zu erhalten“, fasst Dr. Ulrich Bock, KEK-Vorsitzender am Städtischen Klinikum zusammen.
Vor zehn Jahren am Städtischen Klinikum Solingen eingeführt, setzt sich das KEK dafür ein, dass moderne, meist Apparate-Medizin menschlich bleibt. „Der eindrucksvolle Fortschritt in
Medizin und Pflege führt zur ständigen Verbesserung von Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten“, erklärt Dr. Bock. Doch dies werfe bei medizinischem Personal, Patienten und
Angehörigen in kritischen Einzelfällen oft schwierige Fragen auf. „Was können, dürfen, müssen oder sollen wir tun? Dürfen wir alles umsetzen, was wir fachlich können? Wie wird der
Patientenwille beachtet? Wie gehen wir weiter vor?“ Das Klinische Ethikkomitee unterstützt die Beteiligten in solchen Konfliktsituationen bei der Entscheidungsfindung. Und zwar mit
dem Ziel, möglichst für alle verantwortbare Lösungen zu finden.
Das KEK am Städtischen Klinikum ist ein hierarchie- und berufsgruppenübergreifendes Beratungsgremium. Es hat knapp 20 Mitglieder und besteht aus Ärzten, Pflegefachkräften,
Klinikseelsorgern und Mitarbeitern anderer Bereiche.
Die Mitglieder des Ethikkomitees bieten auf Anfrage von Mitarbeitern, Patienten, Angehörigen sowie gesetzlichen Betreuern ethische Beratung an. Die Anfrage kann zum Beispiel über den
behandelnden Arzt oder die Pflegegruppe angefragt werden.
Zu Beginn werden alle relevanten medizinischen, pflegerischen und sozialen Aspekte dargelegt. Im weiteren Schritt wird die zentrale ethische Frage formuliert, die in der Beratung
diskutiert wird. Zum Beispiel zur Interpretation der Patientenverfügung, zur Begrenzung von Behandlungsmaßnahmen am Lebensende oder zu Fragen des Willens beim nicht mehr
einwilligungsfähigen Patienten. Alle Beteiligten äußern ihre Meinung, Ansichten und Haltungen zu der konkreten Frage. Am Ende dieses strukturierten und moderierten Gespräches wird ein
gemeinsames Fazit gezogen. Die Beratung findet in einem geeigneten, separaten Raum statt. Alle Beteiligten unterliegen der Schweigepflicht. Die Verantwortung für die medizinische
Behandlung bleibt dabei stets beim Arzt.
Circa 70-80 Mal im Jahr wird das KEK am Städtischen Klinikum zu Rate gezogen. Die jahrelange Erfahrung der KEK-Mitglieder wird vermehrt auch in anderen Einrichtungen des
Gesundheitswesens in Solingen angefragt. Dr. Bock und seine Team-Kollegen veranstalten regelmäßig externe Fortbildungen, z. B. für die Beschäftigten im Projekt „House of Life“ des
evangelischen Wohn- und Pflegecentrums Cronenberger Straße.
Die Corona-Pandemie mit einer Vielzahl von schwersten Krankheitsverläufen führt einmal mehr vor Augen, wie wichtig die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen im Klinik-Alltag ist.
Prof. Dr. Thomas Standl, Medizinischer Geschäftsführer des Städtischen Klinikums würdigt die Arbeit des Gremiums anlässlich des 10-jährigen Jubiläums: „Mit der ethischen Beratung in
den jeweiligen Fachabteilungen vor Ort, der Leitlinienentwicklung für sich wiederholende ethische Fragestellungen sowie der Organisation von Fort- und Weiterbildungen leistet das KEK
einen wichtigen Beitrag dazu, den Herausforderungen einer modernen Medizin und einer sich wandelnden Gesellschaft gerecht zu werden. Es gibt uns ein gutes Gefühl, die engagierten KEK
Mitglieder als Berater für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für die Patienten an der Seite zu haben“.
Im Bild: Gerhard Rassmann (Stellvertretender Vorsitzender Klinisches Ethikkomitee am Städtischen Klinikum Solingen) übergibt das erste Tablett an Uta Naumann, Gruppenleitung der
internistischen Intensivstation F01. Foto: K. Morawietz /SKS
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