
Der Weg der starken Frauen...
Solingen/red-Heimatministerium NRW fördert den Solinger „Liewerfrauenwanderweg"
Aus Mitteln des NRW-Heimatfonds entsteht in den Jahren 2021 und 2022 mit dem „Liewerfrauenwanderweg" in Solingen ein thematischer, qualitativ hochwertiger Wanderweg, wie es in Solingen
bisher noch keinen gibt.
Das 2019 von der Tourismusförderung der Klingenstadt eingereichte Konzept hat das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung überzeugt: Am kommenden Freitag übergibt
Ministerin Ina Scharrenbach den Förderbescheid des Landes an Oberbürgermeister Tim Kurzbach. Das finanzielle Gesamtvolumen des Projekts beträgt rund 312.000 Euro, von denen das Land NRW 90
Prozent trägt (rund 281.000 Euro).
Die Übergabe findet statt am 5. März um 15.30 Uhr, an der Wegstrecke des Liewerfrauenwanderweges; vor dem Wipper Kotten.
Der etwa 16 Kilometer lange Weg zeichnet symbolisch die Transportwege der Lieferfrauen zwischen Schleiferei und Kaufmannskontor nach, auf denen die Frauen bis in die zwanziger Jahre des 20.
Jahrhunderts die Rohware, bzw. die geschliffenen Klingen, in Körben auf dem Kopf balancierten. Sie legten dabei bis zu zehn Kilometer zurück und trugen bis zu 15 Kilogramm Gewicht über 100
Höhenmeter bergauf. Der mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbare und von Gastronomie an den entscheidenden Punkten gesäumte Weg „erzählt" Solinger Industrie- und Kulturgeschichte, er
erschließt die spezifische Solinger Topografie mit ihrem kontrastreichen Wechsel von urbaner Landschaft, Bach- und Flusstal und Mittelgebirgslandschaft. Der Weg führt zu zahlreichen Relikten und
Denkmälern der Solinger Wirtschafts-, Handwerks- und Siedlungsgeschichte. Er verbindet als Rundweg die ehemalige Stahlwarenfabrik Friedr. Herder Abr. Sohn, das heutige Gründer- und
Technologiezentrum an der Grünewalder Straße, mit dem vierhundertjährigen Wipper Kotten bei Wipperaue, dem letzten authentisch erhaltenen wassergetriebenen Schleifkotten in Solingen.
PM Stadt Solingen
Die Lieferfrauen
De Liewerfrauen
Ohne die Frauen der Heimarbeiter wäre, schlicht gesagt, die Arbeit in den Kotten nicht zu bewältigen gewesen. Somit sind sie ein Stück der frühen Schneidwarengeschichte Solingens. Die Arbeit der
Lieferfrauen war eine körperlich sehr schwere Tätigkeit. Schon mit 14 Jahren begannen die Mädchen mit der schweren Transportarbeit. Regen, der im Bergischen Land sehr häufig vorkommt, erschwerte
diese Arbeit zusätzlich. Bis zu 300 Messer wurden in einem geflochtenen Korb auf dem Kopf getragen. Das war ein Gewicht bis zu 20 Kg, die den weiten, oft stets ansteigenden, Weg von den Kotten an
der Wupper und den Bächen als Halbfertigware in die Fabriken getragen wurde.
Unter dem Korb, also direkt auf dem Kopf, lag ein Tragering. Dieser Ring war gefüllt und aus festem Stoff.
Von manchen Kotten aus waren die Frauen über zwei Stunden lang unterwegs. Die Lieferfrauen trugen dunkelblaue Kleider, weiß gestreift mit einer Schürze darüber. Viele Witwen mussten diese
Tätigkeit als Vollerwerb verrichten, wobei die Entlohnung eben für den Unterhalt reichte.
Mitte der 1920er Jahre sah man im Solinger Stadtbild immer weniger dieser fleißigen Lieferfrauen.
Foto Stadtarchiv
Text Peter Nied
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