
Desaster Schulabschlüsse - wie vorhergesagt!
Die Landesschüler*innenvertretung (LSV) NRW fordert, dass alle Schüler*innen in Abschlussklassen die Möglichkeit bekommen, im Nachhinein zwischen einem Durchschnittsabschluss und der Wertung
ihrer Abschlussprüfungen wählen zu können. Schulabschlüsse sollen also auf Wunsch der Schüler*innen auf Grundlage von Durchschnittsnoten aus den vorher erbrachten Leistungen vergeben werden.
Darüber hinaus fordert die LSV NRW, dass Bewertungsgrundlagen der Klausuren an die Lernlücken der Schüler*innen angepasst werden: Neben der Anpassung der Erwartungshorizonte sollte auch die
Punktetabelle zur Zuordnung der Noten angepasst werden.
Die Landesschüler*innenvertretung kritisiert scharf, dass die Landesregierung keine angemessenen Anpassungen der Schulabschlüsse vorgenommen hat. “Am Beispiel des Abiturs sehen wir nun, was
vorher klar war: nach mehr als einem Jahr Pandemie, Isolation und langen Schulschließungen saßen viele Schüler*innen in Abschlussprüfungen vor Aufgaben, die sie nicht schaffen konnten.”, so Timon
Nikolaou, Mitglied im Vorstand der LSV NRW.
Was außerdem nicht außer Acht gelassen werden darf, ist ein massiver psychischer Stress, der insbesondere in der Krise durch Abschlussprüfungen geschaffen wird. Auch außerhalb der Krise sind
viele Schüler*innen durch den schulischen Leistungsdruck psychisch krank geworden. Nach einem Jahr Pandemie und Unterrichtsausfällen ist das nicht besser geworden, stellt die
Landesschüler*innenvertretung fest.
“Die Durchführung der Prüfungen in nahezu unveränderter Form ist ein Armutszeugnis für die Demokratie im Schulsystem”, so Thomas Niebuer, ebenfalls Mitglied im Landesvorstand, “Verbände von
Schüler*innen, Lehrer*innen, Eltern, aber auch zahllose Privatpersonen wendeten sich an das Schulministerium mit der klaren Aufforderung, in einer weltweiten Pandemie die Gesundheit der
Schüler*innen vor die Abschlüsse zu stellen, doch die Landesregierung nimmt das nicht ernst.”
Darüber hinaus gibt es auch Kritik am Inhalt einzelner Prüfungen. So wurde in der Abiturprüfung im Fach Englisch ein Text von Farhad Manjoo (Kolumnist der New York Times) verwendet, der nach
Aussage des Autors selbst "viele Wörter, die für Nicht-Muttersprachler schwerer zu verstehen sind", enthalte. Die anderen Vorschläge seien laut den Abiturient*innen ebenso unfair gewesen, sodass
der größere Aufgabenpool keine Hilfe darstellte.
Ebenso gab es viele Beschwerden zur Abiturklausur im Fach Mathematik - die Zeit ist zu kurz gewesen und die Aufgaben zu anspruchsvoll. “Das Matheabitur war im Kontext der Coronapandemie
unverhältnismäßig. Anstatt die Anforderungen an eine weltweite Pandemie anzupassen, waren die Erwartungen höher als die letzten Jahre!”, äußert sich Niebuer weiter.
Zudem kam es zu absehbaren organisatorischen Schwierigkeiten: In Erftstadt konnten 106 Schüler*innen die Abiturprüfung in Englisch nicht mitschreiben, da sie in Quarantäne waren. Die Änderung der
Quarantäneverordnung, die daraufhin für das Abitur vorgenommen wurde, kritisiert die LSV: “Schüler*innen mit einem negativen Bürgertest aus der Quarantäne zu entlassen, damit diese das Abitur
mitschreiben, ist unverantwortlich. Die Gesundheit der Mitschüler*innen und Lehrer*innen wird so aufs Spiel gesetzt, für Abschlussprüfungen, die nicht hätten stattfinden sollen.”, so
Nikolaou.
Diese Entwicklungen zeigen aber nur einen kleinen Ausschnitt der Probleme, die sich im Zusammenhang mit Schulabschlüssen ereignet haben und werden.
Nach Meinung der Landesschüler*innenvertretung NRW hat die Landesregierung klar versagt, wenn es darum geht, demokratisch die Interessen von jungen Menschen in NRW zu vertreten. Die Stimme der
Schüler*innen wurde nicht nur vor der Krise, sondern auch im gesamten Verlauf der Pandemie missachtet.
Nicht zuletzt zeigen die Abiturprüfungen jedes Jahr, wie sinnfrei ein auf Noten basierendes Schulsystem ist. Sie führen zu unnötigem psychischem Druck, fördern “Bulimielernen” und sorgen
keinesfalls für Vergleichbarkeit.
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