
Seit Mai 2006 steht im Neanderthal Museum die lebensechte Rekonstruktion des Neanderthalers aus der Feldhofer Grotte. Er wurde in einem aufwändigen Prozess von den Künstlern Adrie und Alfons
Kennis hergestellt und ist seither “Protagonist” unserer Dauerausstellung. Er ist unser Key Visual und ein echter Sympathieträger. Der Neanderthaler stand von 2006 bis 2016 in unserem Foyer,
direkt am Eingang. Hier hat das Kunststoffmaterial durch Sonneneinstrahlung gelitten und sich verfärbt. Seit der Umgestaltung der Dauerausstellung 2016 steht er im neuen Spiegelkabinett. Zwar ist
hier die Begegnung gewünscht, aber durch diese bedingt kommt es zu Abnutzungserscheinungen an der den Besucherinnen und Besuchern zugewandten Körperseite.
Eine Porträtansicht der aktuellen Konstruktion des Mr. N von der Seite, mit heller Haut im Spiegelkabinett in der Dauerausstellung.
Der aktuelle Mr. N wird im Oktober ersetzt.
Mit den Herstellern, den Künstlern Adrie und Alfons Kennis, wurde dieses Problem vor Ort erörtert. Sie sahen keine Möglichkeit der nachhaltigen und langfristig wirksamen Ausbesserung. Bei ihren
neueren Rekonstruktionen verwenden sie einen anderen und durchgefärbten Kunststoff, der eine deutlich bessere Haltbarkeit aufweist. Daher haben wir uns dazu entschlossen, eine neue Kopie unseres
Sympathieträgers und wichtigsten Exponats zu beauftragen.
Die zwei Künstler Adrie und Alfons Kennis stehen etspannt neben der von ihnen gebauten, neuen Konstruktion des Mr. N. Dieser ist eingepackt in Folie, sein Gesicht durch einen grünen Störer
verdeckt, sodass er nicht erkannt wird.
Die Künstler Adrie und Alfons Kennis mit dem neuen Mr. N im Depot.
Was war naheliegender, als die neue Kopie auch auf den neuesten Stand der Forschung zu bringen? Seit 2015 wissen wir anhand von paläogenetischen Untersuchungen, dass zumindest beim Homo sapiens
sapiens helle Haut eine junge Mutation ist. Erbgutvergleiche belegen, wie die Hautfarbengene sich veränderten. Europäer waren bis zur Sesshaftwerdung dunkelhäutig. Erst aus Anatolien einwandernde
Bäuerinnen und Viehzüchter brachten hellere Haut mit.
Der Stammbusch zeigt eine Art Podest in Gebirgsform, aus Holz. Darauf stehen verschiedene Konstruktionen von unterschiedlichen Ur-Menschen.
Der Stammbusch mit seinen Rekonstruktionen zeigt die Geschichte der Menschheit eindrucksvoll.
Es herrscht keine Klarheit darüber, ob „Helle Haut erst mit Ackerbau“ auch schon für Neanderthaler gilt. Aber Neanderthaler hatten eine größere Varianz an Pigmentierung als früher angenommen. Es
ist zwar nicht belegt, dass dieser bestimmte Neanderthaler dunklere Haut hat. Wir wissen nur, dass auch Neanderthaler eine große Bandbreite an Hautfarben hatten. Und ein dunkler Hautton ist für
Menschen, die als Jäger und Sammlerinnen leben, ständig dem Sonnenlicht ausgesetzt sind und Vitamin D über die Nahrung aufnehmen, plausibel. Es gibt dann keinen Selektionsdruck in Richtung
hellere Haut.
Mit unserem neuen Neanderthaler möchten wir verdeutlichen, dass Neanderthaler selbstverständlich auch dunkle Hautfarben hatten. – Er sieht damit auch weniger wie ein bleicher Höhlenbewohner
aus.
Die Konstruktion von Mr. 4% steht im Anzug an der Brüstung in der Ausstellung. Neben ihm sitzt Kina lächelnd auf dem Betonvorsprung. Im Vorder- und Hintergrund sieht man Teile von
Ausstellungstexten.
Weitere bekannte Rekonstruktionen in der Dauerausstellung zeigen Mr. 4% und Kina (v.l.n.r.).
Aktuell stehen 16 lebensechte Urmenschen-Rekonstruktionen im Museum. Der dunklere Neanderthaler wird zum 8. Oktober 2021 (25. Museumsjubiläum) einziehen. Dann haben wir insgesamt 9
Neanderthaler-Rekonstruktionen und 5 weitere Urmenschen in der Dauerausstellung.
Der neue Neanderthaler wurde angeschafft mit Mitteln der Museumsförderung des LVR.
Dr. Bärbel Auffermann
Links zu Hautfarben und Paläogenetik:
https://www.sciencemag.org/news/2017/10/new-gene-variants-reveal-evolution-human-skin-color
https://www.shh.mpg.de/123495/8000_years
https://www.spektrum.de/news/steinzeiterbgut-zeigt-evolution-europaeischer-gene/1378417
https://www.mpg.de/11533845/neandertal-dna
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