
Syrische Lehrerin unterstützt Projekte der Jugendförderung
Solingen/Sawsan Mohammad ist eine von fünf Jahrespraktikant:innen in der Stadtverwaltung
Geflüchteten aus Syrien das Einmaleins in deutschen Rathäusern sowie der lokalen Politik vor Ort nahebringen – darauf zielt das Projekt „Qualifizierung von syrischen Geflüchteten in deutschen
Kommunalverwaltungen“ ab, das in einer zweiten Förderrunde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) aufgelegt und finanziert wurde. Fünf Kommunen wurden in
ganz Deutschland für das Projekt ausgewählt. Insgesamt zwölf Personen nehmen daran teil, davon allein fünf in der Solinger Stadtverwaltung. „Wir haben diese Praktika sofort ausgeschrieben, als
wir erfahren haben, dass wir den Zuschlag bekommen haben - und zwar in fünf verschiedenen Bereichen, damit sich Interessierte nach Neigung bewerben konnten“, erläutert Caren Tuchel, Leiterin des
Stadtdienstes Integration, die gleichzeitig die Leitung des Qualifizierungsprojektes innehat.
Erfolgreich beworben hat sich Sawsan Mohammad. Die 43-Jährige kam im Sommer 2016 mit ihrer Familie nach Solingen und hat sich die deutsche Sprache bereits hervorragend angeeignet. In Syrien
arbeitete die Mutter von vier Kindern als Mathematik- und Informatiklehrerin, zuletzt sogar als stellvertretende Schulleiterin. In der Klingenstadt absolvierte sie nicht nur den Sprach- und
Integrationskurs, sondern war auch im Bundesfreiwilligendienst und als Übungsleiterin beim WMTV tätig. Im Rahmen des Projektes ist sie seit April dieses Jahres bei der Jugendförderung eingesetzt
- mit je 15 Wochenstunden in der Geschäftsstelle des Jugendstadtrates sowie beim Projekt fYOUture. Ihr Praktikum dauert ein ganzes Jahr und wird nach Mindestlohn bezahlt. In dieser Zeit lernt
Sawsan Mohammad eine ganze Reihe Abteilungen und Aktionen rund um die kommunale Jugendarbeit in Solingen kennen.
„Ziel der Maßnahme ist einerseits, dass die Teilnehmenden Kenntnisse erwerben, wie man in einer deutschen Verwaltung arbeitet und miteinander umgeht. Auf der anderen Seite soll vermittelt werden,
wie eine Kommunalverwaltung eigentlich aufgebaut ist“, erklärt Caren Tuchel. Angestrebt sei, die erworbenen Kenntnisse in den Wiederaufbau des vom Bürgerkrieg verwüsteten Landes einzubringen -
beispielsweise, indem die Stadt Solingen nach Kriegs-Ende eine Partnerkommune in Syrien beim Aufbau kommunaler Strukturen unterstützt. Ein Kontakt nach Syrien sei dann ja auch via Zoom oder Skype
möglich. Zudem würden die Teilnehmenden des Programms ihre Chancen auf dem hiesigen Arbeitsmarkt verbessern.
„Für mich war es sehr spannend, mit dem Jugendstadtrat zusammenzuarbeiten. Und es war sehr interessant, die Jugendlichen auf die Bundestagswahl vorzubereiten“, erzählt Sawsan Mohammad. In den
Sommerferien hat die Projekteilnehmerin außerdem 90 Mädchen und Jungen im Rahmen der Kinder-Oase und des Spielmobils zu ihren Erlebnissen befragt, um Empowerment und Selbstwirksamkeit zu
evaluieren. Besonders gefallen habe ihr die Meinungsfreiheit der Kinder, erinnert sich die Pädagogin. "Manche haben ganz offen etwas erzählt. Kinder und Jugendliche sind hier sehr mutig“, findet
die 43-Jährige. In Syrien sei das Bildungssystem zwar gut organisiert gewesen. Dennoch sei es nicht zu vergleichen mit dem, was Sawsan Mohammad im bisherigen Verlauf ihres Praktikums in Solingen
erlebt hat. „Die Kinder hier in Deutschland werden zu mehr Eigenständigkeit erzogen“, hat sie beobachtet.
Wer an dem Qualifizierungs-Projekt teilnimmt, bekommt für die gesamte Zeit eine Mentorin oder einen Mentor zur Seite gestellt. Dabei handelt es sich um ehrenamtliche Führungskräfte der Stadt
Solingen, die bereits pensioniert sind. Sawsan Mohammad wird von Wolfgang Flemm unterstützt, der viele Jahre die Kindestagesstätte Fuhr geleitet hat. „Ich habe Sawsan unter anderem gezeigt, wie
ein Kindergarten bei uns aufgebaut ist", berichtet Flemm. Demnächst möchte er auch mal mit seinem "Trainee" in den Jugendhilfeausschuss und in den ZuWi, um die Strukturen der Gremienarbeit zu
vermitteln. Sawsan Mohammad verfasst zudem Tätigkeitsberichte über das Erlernte und Erlebte. Bei Fragen hilft Wolfgang Flemm ihr weiter.
Oder die Kolleg:innen bei der Jugendförderung, die sich sehr über die mehrsprachige Unterstütztung freuen. „Wir brauchen ja immer ,Türöffner', um an bestimmte Zielgruppen zu kommen", sagt
Isolde Aigner vom Projekt fYOUture. "Und da ist Sawsan für mich ein echtes Geschenk - vor allem bei Kindern und Jugendlichen mit Fluchthintergrund." Gemeinsam mit ihrer Kollegin Yvonne Enders
kümmert sie sich um die Einsatzmöglichkeiten der Praktikantin. Bis Ende März 2022 wird es für Sawsan Mohammad auf jeden Fall noch eine Menge zu tun geben.
Foto Stadtverwaltung SG
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