
Syrische Lehrerin hat ihr Praktikum erfolgreich beendet
Mit der fünften Folge über das Qualifizierungsprojekt für Geflüchtete endet die Artikelserie
Solingen/Geflüchteten aus Syrien das Einmaleins in deutschen Rathäusern sowie der lokalen Politik vor Ort nahebringen - darauf zielt das Projekt „Qualifizierung von syrischen Geflüchteten in
deutschen Kommunalverwaltungen" ab, das in einer zweiten Förderrunde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) aufgelegt und finanziert wurde und von der
Servicestelle "Kommunen in der Einen Welt" durchgeführt wird. Fünf Kommunen wurden in ganz Deutschland für das Projekt ausgewählt. Insgesamt zwölf Personen nehmen daran teil, davon allein fünf in
der Solinger Stadtverwaltung. „Wir haben diese Praktika sofort ausgeschrieben, als wir erfahren haben, dass wir den Zuschlag bekommen haben - und zwar in fünf verschiedenen Bereichen, damit sich
Interessierte nach Neigung bewerben konnten", erläutert Caren Tuchel, Leiterin des Stadtdienstes Integration, die gleichzeitig die Leitung des Qualifizierungsprojektes innehat.
Für fünf Frauen und Männer, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflüchtet und nach Solingen gekommen sind, endete vor wenigen Wochen ihr einjähriges Praktikum, das sie bei der Solinger
Stadtverwaltung absolvieren konnten. Auch Dilan Ibrahim nahm am Projekt „Qualifizierung von syrischen Geflüchteten in deutschen Kommunalverwaltungen“ teil, das in einer zweiten Förderrunde vom
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) aufgelegt und finanziert wurde. Die 30-Jährige kommt aus Nord-Syrien und lebt mit Mann und Kind seit 2015 in
Deutschland, ein Jahr später kam sie in die Klingenstadt. Bei der Stadt Solingen absolvierte sie ihr Praktikum zuletzt im Kommunalen Integrationszentrum.
„Ich habe in dem Jahr bei der Stadt Solingen sehr viel für mich mitgenommen. Natürlich habe ich viele Erfahrungen machen können und einiges gelernt“, sagt Dilan Ibrahim, die in ihrer Heimat ein
Biologiestudium begann und mehrere Jahre als Lehrerin arbeitete. Obwohl ihr nur ein Semester fehlte, um ihr Studium abzuschließen, sei es aufgrund bürokratischer Hürden nahezu unmöglich, den
fehlenden Teil hier in Deutschland nachzuholen. Deshalb möchte sie sich nach ihrem jetzt absolvierten Praktikum beruflich ganz neu orientieren und eine Ausbildung als Optikerin beginnen.
Beim Stadtdienst Integration konnte die junge Frau wichtige Eindrücke sammeln, die sie für ihren weiteren beruflichen Weg nutzen möchte. „Ich war zunächst bei ganz vielen Beratungsgesprächen
dabei, was mir insofern ja bekannt war, als ich bei meiner Ankunft in Deutschland auf der anderen Seite des Tisches gesessen habe. Es hat mich deshalb umso mehr gefreut, dass ich helfen konnte“,
macht Dilan Ibrahim deutlich. Bei den Gesprächen sammelte sie persönliche Daten und Informationen, die sie anschließend ins städtische System via Computer einpflegte. Zudem kümmerte sie sich um
die Vermittlung von Dolmetschern an andere Institutionen und Behörden. Darüber hinaus sprang sie im Stadtdienst Integration selbst immer wieder als Übersetzerin ein und half bei
Beratungsgesprächen.
„Die Kultur spielt eine Rolle und die Sprache spielt eine Rolle. In Deutschland sind durchaus einige Dinge anders, als in Syrien. Beispielsweise zeigt man in meiner Heimat nicht seine Launen oder
seinen Gemütszustand, was hier schon der Fall ist“, erklärt die 30-Jährige mit einem Lächeln. Kulturelle Finessen, mit denen sie aber schnell zurechtkam. Caren Tuchel ist Leiterin des
Stadtdienstes Integration und gleichzeitig Koordinatorin des Qualifizierungsprojektes bei der Solinger Stadtverwaltung. „Dilan hat sich bei uns super eingefügt. Ich glaube allerdings schon, dass
es für sie als Quereinsteigerin manchmal anstrengend war, aber dass sie dennoch viele neuen Kompetenzen mitgenommen hat", lobt die Stadtdienstleiterin. Bei den ihr gestellten Aufgaben habe sich
die Neu-Solingerin ebenfalls sehr gut eingebracht.
Dass alle Praktikantinnen und Praktikanten während ihrer einjährigen Hospitation die klare Struktur der Verwaltung hautnah erleben konnten, sei gerade für Menschen, die aus einer Fluchtsituation
in Deutschland ankommen und beruflich Fuß fassen wollen, enorm wichtig, betont Caren Tuchel: „Hier wurden ihnen Kompetenzen vermittelt, die sie anderswo einsetzen können. Aber auch die
Stadtdienste haben profitiert. Wir brauchen diesen frischen Wind von außen, um uns selbst hinterfragen zu lassen, wie was warum läuft.“ Solche und andere Fragen konnten die vier Frauen und
der männliche Praktikant ihren Mentorinnen und Mentoren stellen, die ihnen während der gesamten Praktikumszeit zur Seite gestanden haben. Dabei handelte es sich um ehrenamtliche
Führungskräfte der Stadt Solingen, die bereits pensioniert bzw. in Rente sind.
Für Dilan Ibrahim war die ehemalige städtische Mitarbeiterin Brigitte Möllers zuständig, die zu ihrem Schützling eine freundschaftliche Beziehung aufgebaut hat. Kontakt wolle man deshalb auch
nach Beendigung des Praktikums halten. „Ich habe über 40 Jahre in der Verwaltung gearbeitet, die ich im Zuge der Arbeit mit Dilan nochmal ganz neu kennengelernt habe. Meine Aufgabe als Mentorin
hat mir sehr viel Freude gemacht, ich habe Dilan und ihre Familie sehr liebgewonnen“, betont Brigitte Möllers. Sie führte Dilan Ibrahim routiniert durch den manchmal durchaus schwer
verständlichen Verwaltungs-Dschungel und stand ihr stets mit Rat und Tat zur Seite. „Wir haben trotz Corona sehr viel gemacht und uns auch privat getroffen. Ich würde sie jetzt sehr gerne
weiterbegleiten, auch während ihrer dreijährigen Berufsausbildung“, zieht Brigitte Möllers ein durchweg positives Fazit.
Foto Stadtverwaltung
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